Grundsätzlich wird der Bestand der Vermögenswerte zum Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes festgelegt, was der Einreichung des Scheidungsantrags entspricht, während die Bewertung dieser Vermögenswerte zum Zeitpunkt des Scheidungsurteils erfolgt. Dadurch kann insbesondere bei langwierigen Scheidungsverfahren, insbesondere bei Immobilien und Aktien, angemessen berücksichtigt werden.
Was passiert jedoch, wenn ein Ehepartner vor Einreichung des Scheidungsantrags das gesamte Geld auf einem Bankkonto an seinen neuen Partner, seine Schwester oder sein Kind verschenkt? In diesem Fall würde es grundsätzlich nicht in das Vermögensinventar bei der Scheidung aufgenommen werden. Um dies zu verhindern, hat der Gesetzgeber Artikel 208 des Zivilgesetzbuches eingeführt. Dort wird klar festgehalten, dass alle unentgeltlichen Zuwendungen, die während der letzten fünf Jahre der Ehe gemacht wurden und denen der andere Ehepartner nicht zugestimmt hat, dem Vermögen des schenkenden Ehepartners zugerechnet werden, auch wenn sie nicht mehr vorhanden sind. Als unentgeltliche Zuwendungen gelten reine Schenkungen sowie sogenannte gemischte Schenkungen, bei denen beispielsweise ein Haus für einen zu niedrigen Preis „verkauft“ wurde. Wenn Geld oder andere Vermögenswerte allein zum Zweck der Minderung des Anspruchs des anderen Ehepartners verkauft wurden, werden auch diese einbezogen, selbst wenn sie mehr als fünf Jahre zurückliegen.
Kurzum: Jegliche unentgeltliche Zuwendungen, die in den letzten fünf Jahren ohne Zustimmung des anderen Ehepartners gemacht wurden, werden dem Vermögen des schenkenden Ehepartners zugerechnet, auch wenn sie nicht mehr vorhanden sind. Wenn die Veräußerung von Vermögenswerten allein zur Minderung des Anspruchs des anderen Ehepartners erfolgte, werden sogar solche einbezogen, die mehr als fünf Jahre zurückliegen.